Das Geschäft mit dem Glück

Sie nennen sich Beziehungsberater, Moneymentoren oder Lebenslehrerinnen: In Deutschland boomt die Coachingszene, längst sind die Pfadfinder zum besseren Ich zu einer Industrie geworden. Wer profitiert davon?

DER SPIEGEL, 27.08.2023

Während sich draußen der Nieselregen auf die Köpfe, Kapuzen und Regenschirme derer legt, die in der Schlange auf Einlass warten, steht drinnen Stefan Frädrich auf der Bühne und ruft der immerhin halb vollen Arena ein Karl Valentin-Zitat zu: »Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch.« Die Natur kann man nicht verändern, sehr wohl aber, was man darüber denkt.

Deswegen sind es auch keine Probleme, die es gerade am Einlass gibt, sondern »Herausforderungen«. Die Ticket- und Taschenkontrolle dauert länger als geplant. Die Eröffnungsshow des Festivals verschiebt sich um eine halbe Stunde nach hinten. So lange macht Stefan Frädrich, Gründer des Unternehmens hinter dem Festival, den Einheizer. In Jeans und schwarzem Shirt steht er auf der großen Bühne in der riesigen Halle und kündigt an: »Die nächsten beiden Tage werden die zwei geilsten in eurem Leben.«

Es ist der letzte Freitag im Juli, kurz nach zehn Uhr am Morgen. An diesem Wochenende findet in Köln das Greator Festival statt. Kein Musikfestival, sondern eines für Persönlichkeitsentwicklung. Auf insgesamt sechs verschiedenen Bühnen der Stadt gibt es statt Rockbands Redner, statt Konzerten Keynotes. Die günstigsten Tickets kosten 399 Euro. Will man die besten Plätze und Zugang zu Workshops, kann man bis zu 2499 Euro zahlen. Mit 16.000 Besuchern ist das Festival ausverkauft.

Das Festival ist der Superlativ einer Welt, die in den letzten Jahren immer größer geworden ist: Coaching. Was als Training für Führungskräfte begann, ist heute ein Massenphänomen. Es gibt Beziehungsberater, Transzendenztrainerinnen, Moneymentoren, Ernährungserklärer, Lebenslehrerinnen und sogar Coachingcoaches. Der Ratgeber »Das Kind in dir muss Heimat finden« von Stefanie Stahl wird jede Woche so oft gekauft, dass er sich seit 398 Wochen auf der Bestsellerliste hält, seit siebeneinhalb Jahren. »Das Café am Rande der Welt«, eine Parabel über den Sinn des Lebens, schafft das seit 429 Wochen.

Man kann sich dem Religionsvergleich kaum verwehren: Sind Coaches die Prediger der Gegenwart? Wenn man so will, dann ist das Festival ihre Messe. An zwei Tagen kommen die Stars dieser Welt in Köln zusammen. Über hundert Redner, sechs Bühnen. 16.000 Menschen wollen sie reden hören. Was suchen die Menschen, die hierherkommen – und warum finden sie es alleine nicht? Was ist los in Coachland?

Der ganze Text im SPIEGEL